Prävention von Antisemitismus im Strafvollzug

Das Anne Frank Zentrum führt neben den Wanderausstellungsprojekten in Justizvollzugsanstalten bundesweit Projekte zur Prävention von Antisemitismus im Strafvollzug durch. Die Maßnahmen in den verschränkten Bereichen Bildung, Forschung und Weiterbildung werden durch das Bundesministerium der Justiz gefördert. Sie zielen darauf ab, Antisemitismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Strafvollzug entgegenzuwirken.

FORSCHUNG UND FORTBILDUNG

Im Bereich der Forschung zu Antisemitismus im Strafvollzug kooperiert das Anne Frank Zentrum mit der Hochschule Merseburg. Erste Forschungsergebnisse dazu wurden im November 2020 im Rahmen eines Online-Fachtags vorgestellt, 2022 folgte die Veröffentlichung der Studie: »Antisemitismus im Jugendstrafvollzug. Zentrale Forschungsergebnisse und Handlungsempfehlungen«. Die Publikation knüpft an die Pilotstudie »Politische Bildung im Jugendstrafvollzug. Angebote, Bedarfe und Leerstellen« (2019) an, die den Bedarf an Forschung und Fortbildung zum Umgang mit Antisemitismus in Haftanstalten aufgezeigt hat. 

Auf Grundlage der Forschungsergebnisse bietet das Anne Frank Zentrum bundesweit die Fortbildung »Antisemitismus im Strafvollzug wirksam begegnen« für Mitarbeiter*innen von Justizvollzugsanstalten an. Die Fortbildungen verschaffen grundlegendes Wissen zu den Erscheinungsformen von Antisemitismus, sensibilisieren für Auswirkungen von Antisemitismus auf Betroffene und vermitteln Handlungskompetenzen, um antisemitische Vorfälle zu erkennen und zu intervenieren. Anhand konkreter Fallbeispiele aus dem Strafvollzug werden Handlungsoptionen erarbeitet, um die Teilnehmenden im Berufsalltag in der Auseinandersetzung mit Antisemitismus zu stärken.

BILDUNGSANGEBOTE FÜR INHAFTIERTE

Aktuell entwickelt das Anne Frank Zentrum eine neue Wanderausstellung für den Strafvollzug. Daneben wurden bereits verschiedene zielgruppenspezifische Bildungsangebote für Inhaftierte entwickelt, darunter auch eLearning-Angebote. Über die Lernplattform elis (eLearning im Strafvollzug), die in vielen deutschen und österreichischen Haftanstalten zugänglich sind, werden zwei Lernspiele bereitgestellt: »Das Kurierkomplott« ist ein eLearning-Angebot zur Auseinandersetzung mit Verschwörungsmythen und wurde 2022 mit dem bap-Preis vom Bundesausschuss Politische Bildung ausgezeichnet. Das im Folgejahr entstandene Lernspiel »#FollowMe«, vermittelt Spielenden in einem fiktiven sozialen Netzwerk den Umgang mit Hasskommentaren und Falschbehauptungen und schult die Quellen- und Medienkompetenz.

Verschiedene partizipative Bildungsformate wurden mit Jugendlichen in der Jugendstrafanstalt Berlin umgesetzt. Dazu gehörte eine theaterpädagogische Inszenierung zu Anne Franks Tagebuch, eine Workshop-Reihe zu den Themen Identität, Diskriminierung und Antisemitismus für Jugendliche in U-Haft sowie ein Comic-Projekt zur Lebensgeschichte von Helmuth Hübener, dem Namensgeber der Schule, der sich als Jugendlicher gegen den Nationalsozialismus einsetzte und der in der Nähe der Haftanstalt ermordet wurde. Auch der Anne Frank Tag, ein bundesweiter Aktionstag gegen Antisemitismus und Rassismus wurde in der JSA Berlin und in weiteren Jugendanstalten umgesetzt. Die Bildungsarbeit gegen Antisemitismus in Berliner Justizvollzugsanstalten wird seit 2025 im Verbundprojekt »Just X Berlin« weitergeführt.

Ergebnisse des internationalen Austauschs mit Anne Frank Organisationen im Juli 2021 © Anne Frank Zentrum, Graphic Recording: 123comics
Ergebnisse des internationalen Austauschs mit Anne Frank Organisationen im Juli 2021 © Anne Frank Zentrum, Graphic Recording: 123comics
Theaterpädagogische Auseinandersetzung zur Biographie von Anne Frank in der JSA Berlin © Anne Frank Zentrum, Foto: Ruthe Zuntz
Theaterpädagogische Auseinandersetzung in der JSA Berlin: Familie Frank muss ins Versteck © Anne Frank Zentrum, Foto: Ruthe Zuntz
Theaterpädagogische Auseinandersetzung in der JSA Berlin: Verhaftung der Familie Frank © Anne Frank Zentrum, Foto: Ruthe Zuntz
Online-Fachtag: Pia Lamberty in der Diskussion mit Ronen Steinke © Anne Frank Zentrum, Foto: Benjamin Jenak
Online-Fachtag: Prof. Jens Borchert präsentiert erste Projekt-Forschungsergebnisse © Anne Frank Zentrum, Foto: Benjamin Jenak
Einblicke in das Fachtags-Studio in der Ausstellung © Anne Frank Zentrum, Foto: Benjamin Jenak
Online-Podiumsdiskussion zu den Erfahrungen mit Antisemitismus in Haft
© Anne Frank Zentrum, Foto: Benjamin Jenak

Projektfilm »Freiheit«

Inhaftierte Jugendliche aus der Jugendstrafanstalt Berlin haben eine Lesung über Anne Frank inszeniert. Sie erzählen in einem Kurzfilm, was Anne Frank mit ihrem eigenen Leben zu tun hat, wie sie selbst Diskriminierung erfahren und wie sie sich künstlerisch mit diesen Fragen auseinandersetzen. Der Film lief als Beitrag auf dem Jugendforum »Denk!Mal 2021« des Abgeordnetenhaus von Berlin und gibt Einblicke in ein Kooperationsprojekt zwischen der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, dem Anne Frank Zentrum und der Jugendstrafanstalt Berlin.
 

©Anne Frank Zentrum, Filmproduktion: Olad Aden
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