Prävention von Antisemitismus im Strafvollzug

Bildung und Forschung

Seit 2020 setzt das Anne Frank Zentrum in Zusammenarbeit mit der Hochschule Merseburg Projekte zur Prävention von Antisemitismus in Justizvollzugsanstalten um. Gefördert wird diese Bildungs- und Forschungsarbeit durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Die Projekte knüpfen an die Studie »Politische Bildung im Jugendstrafvollzug. Angebote, Bedarfe und Leerstellen« (2019) an, die den Bedarf an Forschung und Fortbildung zum Umgang mit Antisemitismus aufgezeigt hat. Zudem entwickelt das Anne Frank Zentrum geeignete Bildungs- und eLearning-Angebote für junge Menschen in Haft.

Die Verbreitung von Antisemitismus und Verschwörungsideologien unter jugendlichen Inhaftierten wird von politischen Bildner*innen und Lehrkräften als besonderes Problem benannt und als herausfordernd beschrieben. Zentrale Fragen sowie erste Forschungsergebnisse des Projekts »Prävention von Antisemitismus im Strafvollzug – Qualifizierung, Vernetzung und Praxisforschung« (2020) wurden im November 2020 Rahmen eines Online-Fachtags vorgestellt und dokumentiert.
Das Projekt »Antisemitismus im Strafvollzug – Empirische Forschung und Prävention« (2021-2022) nimmt gezielt den Umgang mit antisemitischen Vorfällen in Jugendgefängnissen in den Blick, um Möglichkeiten der Prävention und Intervention aufzuzeigen. Die Studienpublikation »Antisemitismus im Jugendstrafvollzug. Zentrale Forschungsergebnisse und Handlungsempfehlungen« (2022) präsentiert die Forschungsergebnisse und Handlungsempfehlungen. Die Studie wurde im Rahmen des Fachtags »Polizei, Justiz und Strafvollzug: Wie erfolgreich ist der Rechtsstaat im Kampf gegen Antisemitismus?« vorgestellt und diskutiert.

Ein besonderer Fokus liegt auf dem Transfer von Wissenschaft und Praxis. Mit Fortbildungen  zur Sensibilisierung und Qualifizierung im Umgang mit antisemitischen Stereotypen, israelbezogenem Antisemitismus und Verschwörungserzählungen richtet sich das Anne Frank Zentrum an Beschäftigte in Justizvollzugsanstalten.

Zusätzlich finden auf nationaler und internationaler Ebene Fachveranstaltungen und Vernetzungstreffen statt, um Präventionsangebote vorzustellen und weiterzuentwickeln. Im Juni 2021 haben sich die Anne Frank Partnerorganisationen in den Niederlanden, Argentinien und den USA über Kriterien, Ansätze und Methoden der pädagogischen Arbeit in Gefängnissen ausgetauscht.

In Kooperation mit der Helmuth-Hübener-Schule in der Jugendstrafanstalt Berlin und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand hat das Anne Frank Zentrum verschiedene Bildungsangebote erprobt. Dazu gehörte eine theaterpädagogische Inszenierung zu Anne Franks Tagebuch, eine Workshop-Reihe zu den Themen Identität, Diskriminierung und Antisemitismus für Jugendliche in U-Haft sowie die Teilnahme von Inhaftierten am Anne Frank Tag. In 2021 wurde der bundesweite Aktionstag gegen Antisemitismus und Rassismus in weiteren Jugendanstalten umgesetzt. Entwickelt werden zudem pädagogische Bildungsmaterialien sowie eLearning-Angebote, die Justizvollzugsanstalten über die elis-Lernplattform bundesweit zur Verfügung stehen.

 

Ergebnisse des internationalen Austauschs mit Anne Frank Organisationen im Juli 2021 © Anne Frank Zentrum, Graphic Recording: 123comics
Ergebnisse des internationalen Austauschs mit Anne Frank Organisationen im Juli 2021 © Anne Frank Zentrum, Graphic Recording: 123comics
Theaterpädagogische Auseinandersetzung zur Biographie von Anne Frank in der JSA Berlin © Anne Frank Zentrum, Foto: Ruthe Zuntz
Theaterpädagogische Auseinandersetzung in der JSA Berlin: Familie Frank muss ins Versteck © Anne Frank Zentrum, Foto: Ruthe Zuntz
Theaterpädagogische Auseinandersetzung in der JSA Berlin: Verhaftung der Familie Frank © Anne Frank Zentrum, Foto: Ruthe Zuntz
Online-Fachtag: Pia Lamberty in der Diskussion mit Ronen Steinke © Anne Frank Zentrum, Foto: Benjamin Jenak
Online-Fachtag: Prof. Jens Borchert präsentiert erste Projekt-Forschungsergebnisse © Anne Frank Zentrum, Foto: Benjamin Jenak
Einblicke in das Fachtags-Studio in der Ausstellung © Anne Frank Zentrum, Foto: Benjamin Jenak
Online-Podiumsdiskussion zu den Erfahrungen mit Antisemitismus in Haft
© Anne Frank Zentrum, Foto: Benjamin Jenak

Neu erschienen: Handlungsempfehlungen – Antisemitismus im Strafvollzug wirksam begegnen

Neu erschienene Handlungsempfehlungen © Anne Frank Zentrum

Auch in Haftanstalten werden Juden und Jüdinnen antisemitisch beleidigt. Auch hier kommt es zu Gewalttaten, wie manchmal öffentlich wird. Um für diese Situation zu sensibilisieren, Antisemitismus frühzeitig zu erkennen und Handlungsmöglichkeiten für Bedienstete im Strafvollzug aufzuzeigen, hat das Anne Frank Zentrum Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Sie können hier  heruntergeladen oder per Mail bestellt werden.

 

#FollowMe - ein Lernspiel des Anne Frank Zentrums

Schriftzug #followme, darunter eine männliche Figur, die ihre Hand ausstreckt.
Könnt ihr im fiktiven sozialen Netzwerk »Critter« die Falschinformationen erkennen? © Anne Frank Zentrum

Im Lernspiel #FollowMe geht es darum, Falschinformationen zu erkennen: Im fiktiven sozialen Netzwerk »Critter« prallen jeden Tag unterschiedliche Meinungen aufeinander. Die Spielenden entscheiden, welche Inhalte sie teilen. Dabei werden sie ermutigt, Fakten von Behauptungen zu unterscheiden, Informationen zu überprüfen und gegen menschenfeindliche Hetze vorzugehen. Ziel des Spiels ist es, selbst keine Falschinformationen zu verbreiten.


Das Lernspiel ist online über followme.annefrank.de zugänglich.

Digitales Lernangebot »Das Kurierkomplott«

Im Lernangebot als Kurierfahrer*in auf der Suche nach der Wahrheit © Anne Frank Zentrum
Als Kurierfahrer*in auf der Suche nach der Wahrheit hinter den Fake News - im Spiel »Das Kurierkomplott«. © Anne Frank Zentrum

Verschwörungserzählungen werden vielfach, auch unter Inhaftierten, geteilt. »Das Kurierkomplott« ermöglicht eine spielerische Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Verschwörungsmythen: Als Kurierfahrer*in sind die Spielenden auf der Suche nach der Wahrheit und erfahren dabei etwas über Funktionen und Folgen der Verbreitung von Fake News sowie Antisemitismus in Verschwörungserzählungen.

Das Lernangebot ist online über kurierkomplott.annefrank.de sowie für JVA-Insassen über die elis-Lernplattform (eLearning im Strafvollzug) des Instituts für Bildung in der Informationsgesellschaft in vielen deutschen und österreichischen Haftanstalten zugänglich.

Comic-Reader »Lasst euch euren freien Willen nicht nehmen.«

Der Comic-Reader »Lasst euch euren freien Willen nicht nehmen.« erzählt die Geschichte von Helmuth Hübener. Als junger Mensch setzte sich Helmut Hübener gegen den Nationalsozialismus ein. Im Oktober 1942 wurde er in der Hinrichtungsstätte Berlin-Plötzensee ermordet. Der Reader ist im Rahmen eines Comic-Workshops an der Helmuth-Hübener-Schule der Jugendanstalt Plötzensee entstanden. Die Zeichnungen stammen von den Teilnehmenden. Für die Leser*innen enthält die Publikation Zeichen-Anleitungen.
Der Comic-Reader ist kostenfrei in unserem Online-Shop verfügbar.

Projektfilm »Freiheit«

Inhaftierte Jugendliche aus der Jugendstrafanstalt Berlin haben eine Lesung über Anne Frank inszeniert. Sie erzählen in einem Kurzfilm, was Anne Frank mit ihrem eigenen Leben zu tun hat, wie sie selbst Diskriminierung erfahren und wie sie sich künstlerisch mit diesen Fragen auseinandersetzen. Der Film lief als Beitrag auf dem Jugendforum Denk!Mal 2021 des Abgeordnetenhaus von Berlin und gibt Einblicke in ein Kooperationsprojekt zwischen der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, dem Anne Frank Zentrum und der Jugendstrafanstalt Berlin.
 

©Anne Frank Zentrum, Filmproduktion: Olad Aden
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