Stolpersteinverlegung für die Familie Ledermann/Citroen

© Anne Frank Zentrum, Foto: Selim Sudheimer

Am 8. September 2022 wurden in der Genthiner Straße 5a in Berlin-Tiergarten im Beisein von Angehörigen, fünf Stolpersteine für die Familie Ledermann/Citroen verlegt. Bis zu ihrer Auswanderung in die Niederlande im Jahre 1933 lebte die Familie Ledermann/Citroen in Berlin. In der Genthiner Straße im Stadtteil Tiergarten wohnten Ilse Luise und Franz Anton Ledermann zusammen mit ihren beiden Töchtern Sanne und Barbara sowie deren Großmutter mütterlicherseits, Ellen Citroen. Kurz nach der nationalsozialistischen Machtübernahme floh die Familie nach Amsterdam, um der antisemitischen Verfolgung zu entgehen. Dort lernten sie die Familien Goslar und Frank kennen. Vor allem Sanne verband ab 1934 eine innige Freundschaft mit Anne Frank.


Am 20. Juni 1943 wurden Ilse Luise, Franz und Sanne Ledermann in den von deutschen Truppen besetzten Niederlanden verhaftet und in das Durchgangslager Westerbork gebracht. Von dort aus wurden sie in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert, wo die SS Sanne und ihre Eltern kurz nach der Ankunft ermordete. Ellen Citroen starb 1945 in Bergen-Belsen. Nur Barbara Ledermann überlebte im Untergrund in Amsterdam. Bis zum Ende des Krieges war sie dort im Widerstand aktiv und wanderte 1947 in die Vereinigten Staaten aus, wo sie bis heute lebt.

Initiative für die Verlegung der Stolpersteine

© Anne Frank Zentrum, Foto: Selim Sudheimer

Die Initiative für die Verlegung der Stolpersteine ging von Barbara Ledermann selbst aus. Fünf Jahre zuvor, 2017, bat sie ihre Enkelin Sarah Richardson, bei deren nächsten Auslandsaufenthalt in Berlin ihren alten Wohnort in der Genthiner Straße aufzusuchen und sich nach der Möglichkeit der Verlegung von Stolpersteinen zu erkundigen.

Im Jahr 2019 bestätigte die Stolpersteine-Initiative Berlin-Mitte den Standort des ehemaligen Wohnhauses von Barbara Ledermann und ihrer Familie. Durch das Übereinanderlegen von historischen Karten des Stadtteils über aktuelle Grundrisse und weitere Recherchen wurde die Genthiner Straße 14 als der richtige Standort identifiziert. Mit besonderer Freude erfuhr Barbara Ledermann, dass gemäß dem Grundsatz der Familienzusammenführung der Stolpersteine-Initiative, ihr Name ebenfalls neben denen ihres Vaters, ihrer Mutter, Schwester und Großmutter verlegt werden konnte.

Unabhängig von den Bemühungen von Barbara Ledermann und ihrer Enkeltochter aber fast zeitgleich engagierten sich Daniel Stein und der Heimatverein Uedelhoven aus Nordrhein-Westfalen ebenfalls für eine Verlegung von Stolpersteinen für die Familie Ledermann. Im November 2019 hatte der neu gegründete Verein einen Ableger des Kastanienbaums aus dem Hinterhof des Anne Frank Hauses in Amsterdam in Erinnerung an Anne Frank in Uedelhoven gepflanzt. In der Folge suchten sie nach Möglichkeiten, auch anderer Personen, die mit Anne Frank verbunden waren, zu gedenken. Nachdem die ersten Bemühungen und Kontakte zwischen den Familienangehörigen, dem Heimatverein Uedelhoven und der Stolpersteine-Initiative aufgrund der Pandemie zum Erliegen kamen, konnte das Vorhaben im Frühjahr 2022 wieder aufgenommen werden.

Feierliche Stolpersteinverlegung und Gedenkveranstaltung

© Anne Frank Zentrum, Foto: Selim Sudheimer

Mit Unterstützung des Anne Frank Zentrums, der Stolperstein-Initiative Mitte und dem Stadtteilverein Tiergarten, wurden am 8. September 2022 im Beisein von Familienangehörigen aus den USA, den Niederlanden und Berlin, fünf Stolpersteine für die Familie Ledermann/Citroen verlegt. Im Anschluss an die Verlegung der Steine fand eine feierliche Gedenkveranstaltung in Anwesenheit weiterer Unterstützer*innen, den Stolperstein-Pat*innen und Bewohner*innen aus der Nachbarschaft im Kiez-Zentrum Villa Lützow in Berlin-Tiergarten statt. Schüler*innen des Gymnasium Tiergarten übersetzten für die Familienangehörigen vom Deutschen ins Englische und beteiligten sich ebenfalls mit einem Redebeitrag.


Eröffnet wurde die Veranstaltung von Gabriele Hulitschke von der Initiative »Jüdisches Leben und Widerstand in Tiergarten«. Weitere Beiträge kamen von Ronald Leopold, Direktor des Anne Frank Hauses in Amsterdam, Mary Swartz als Vertreterin der Botschaft der Vereinigten Staaten, Sarah Richardson als Vertreterin der Familie Ledermann/Citroen sowie Veronika Nahm und Mani Tilgner vom Anne Frank Zentrum.

Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung durch das Jewish Chamber Orchestra aus Hamburg mit Stücken aus dem Liederbuch der Ledermanns. In einem Gästebuch mit dem Titel "Musik im Haus Ledermann" hielt die Familie die Namen der Besucher*innen und das musikalische Programm der regelmäßigen Zusammenkünfte und Konzerte in ihrer Wohnung fest. Zum Ende der Veranstaltung gab es einen gemeinsamen Gang zu den verlegten Stolpersteinen, um dort Blumen ablegen zu können.

Am Tag nach der Stolpersteinverlegung hatten die Schüler*innen des Gymnasium Tiergartens noch einmal die Möglichkeit, bei einer Veranstaltung in ihrer Schule mit Suzanne und Sarah Richardson, Tochter und Enkelin von Barbara Ledermann, ins Gespräch zu kommen.